Presseschau

Basler Zeitung vom 19.06.2018

Rotblaue Abwehr-Reflexe

Geht es um die Verteidigung, macht man sich beim FC Basel im Hinblick auf den Saisonstart viele Gedanken

Von Oliver Gut

Basel. Wichtig ist es irgendwie schon. Aber wahnsinnig viel verändern wird das Los nicht. Ob Sturm Graz oder PAOK Saloniki, mag beim Studium des Gegners und bei der taktischen Vorbereitung eine Rolle spielen. Die Ausgangslage für die zweite Qualifikationsrunde der Champions League bleibt für den FC Basel jedoch die gleiche, unabhängig davon, was heute um 12 Uhr in Nyon gezogen wird: Der FCB ist gesetzt, tritt demnach am Dienstag oder Mittwoch (24./25. Juli) erst auswärts an – und er ist der Favorit. «In der ersten Runde ist das so – danach kann man je nach Gegner darüber diskutieren», teilt auch FCB-Sportdirektor Marco Streller diese Einschätzung, wissend, dass dies keineswegs bedeutet, dass die Gegner aus Pappe sind.

Klar ist für alle: Dem ersten europäischen Vergleich in dieser Saison kommt grosse Bedeutung zu. Denn wer sich durchsetzt, darf nicht nur weiter auf die vielen Millionen aus der Champions League hoffen, sondern hat sich auch bereits das ebenfalls nicht uneinträgliche Trostpflaster gesichert: Er wird immerhin die Gruppenphase der Europa League bestreiten, falls er den Weg zu den Sternen in der Folge nicht zu Ende zu gehen vermag.

Entsprechend wichtig wird sein, dass man gleich zu Saisonbeginn bereit ist – umso mehr, als man auch in der heimischen Meisterschaft bestrebt sein wird, besser aus den Startlöchern zu kommen als vor einem Jahr: Die Rückeroberung des Meistertitels ist das grosse nationale Ziel – Fehlstarts wie in den vergangenen beiden Halbjahren will man vermeiden.

Eine Frage des Zeitpunkts

Gut, dass das eine mit dem anderen einhergeht. Weniger gut, dass es so früh in der Saison einige Basler Fragezeichen gibt, die sich nicht einfach so in Ausrufezeichen verwandeln lassen können. Im besonderen Fokus steht dabei nebst dem allgemeinen Formstand der Spieler die Situation in der Verteidigung. Gerade zu Saisonbeginn präsentiert sich diese als Baustelle – ohne dass bereits klar wäre, wie weit die Bauarbeiten bis dahin fortgeschritten sind. Entsprechend gilt es, sich für alle Eventualitäten zu wappnen.

Dabei beginnen die Basler Abwehr-Reflexe auf der Position des Rechtsverteidigers. Im Grunde ist klar, wer diese ausfüllt: Michael Lang ist in Sachen Leistung unbestritten und noch dazu so gut wie nie verletzt. Das hat dazu geführt, dass man hinter ihm seit der Winterpause und dem leihweisen Abgang von Omar Gaber keine renommierte Nummer 2 mehr im Kader hat, die auf der Bank versauert.

Allerdings ist ausgerechnet Lang der einzige Basler WM-Teilnehmer. Wie lange er in Russland weilen wird, ist nicht absehbar. Klar ist aber auch, dass er nach seiner Rückkehr zumindest kürzere Ferien braucht, um sich wenigstens ein bisschen zu erholen. Will heissen: Es ist weder garantiert, dass er bis zum Auftakt zur Verfügung steht, noch ist absehbar, ob er – falls anwesend – schon den passenden Formstand aufweist. Sicher ist nur: Viel Vorbereitung wird er nicht mitmachen.

Um diese Vorbereitung davon nicht beeinträchtigen zu lassen, wird Trainer Raphael Wicky zumindest vorerst Alessandro Stabile ins Profikader beordern. Der 17-jährige gelernte Rechtsverteidiger sorgt zusammen mit dem ebenfalls jungen gelernten Offensiv-Flügel Neftali Manzambi (21) dafür, dass die Position in der Testphase immer doppelt besetzt ist.

Parallel dazu hat er einen zweiten Plan in der Hinterhand: Falls Lang für die ersten Europacup-Qualifikationsspiele nicht bereit ist oder in der Folge ausfällt, behält sich Wicky vor, Taulant Xhaka als Rechtsverteidiger aufzustellen. Im Grunde im defensiven Mittelfeld gesetzt, hat der 27-jährige Profi in früheren Phasen seiner Karriere mehrfach auf dieser Position gespielt und sich sowohl in seiner Leihzeit beim Grasshopper Club als auch beim FC Basel als defensiv sicherer Wert mit durchaus vorhandenem Zug nach vorne erwiesen.

Die Idee wurde bereits zum Ende der vergangenen Saison mit Xhaka besprochen und von diesem unterstützt. Wicky: «Geht es um einen etablierten Spieler wie ihn, dann kann man nicht einfach über seinen Kopf hinweg derartige Pläne schmieden.»

Etabliert sind auch Marek Suchy und Fabian Frei. Und so, wie sich die Lage momentan präsentiert, sind sie auch jene Innenverteidiger, welche in die Saison starten. Wicky hatte schon im Frühjahr angedeutet, dass er Frei vorerst eher in der Innenverteidigung sehe und auf dessen Stärke in der Auslösung baue.

Eine Frage der Gesundheit

Wird allerdings mit einer Dreier-Fünferkette gespielt, wäre momentan Eder Balanta der dritte Mann. Dies, während der talentierte Eray Cümart sich noch gedulden muss: Von den spielerischen Fähigkeiten her ist er der Mann, der dafür sorgen könnte, dass Frei wieder ins Mittelfeld-Zentrum zurückkehrt. Allerdings leidet er noch an den Folgen einer Schulterverletzung, die gemäss jetzigem Stand vor August keine Ernstkämpfe zulässt.

Allerdings muss man auch bei Balanta ein kleines Fragezeichen machen: Er fehlte praktisch die gesamte Rückrunde wegen eines Muskelfaserrisses; schon in der Vorsaison fiel er im Frühjahr lange aus, nachdem er auf den Rücken gefallen war und lange brauchte, um wieder matchfit zu sein. Verletzungen kommen im Fussball vor – und doch scheint der sensible Kolumbianer in Sachen Konstitution weniger verlässlich zu sein als andere Spieler.

Wohl auch vor diesem Hintergrund darf man die Verpflichtung des griechischen U18-Internationalen Konstantinos Dimitriou sehen. Und dass mit Joao Renato da Cunha noch dazu ein brasilianischer Innenverteidiger für zwei Wochen als Testspieler mittut, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass man im Zentrum – ob kurz- oder mittelfristig – nach Alternativen Ausschau hält. Der 18-Jährige ist beim deutschen Zweitbundesligisten SV Darmstadt unter Vertrag, hat zweimal für die brasilianische U20-Auswahl gespielt, ansonsten aber noch keine grossen Spuren in der Fussballwelt hinterlassen.

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