Presseschau

NZZ vom 13.02.2018

Vor der mächtigen Mauer

Der FC Basel trifft in den Champions-League-Achtelfinals auf Manchester City ? und auf eine andere Welt

Peter B. Birrer, Basel

Die Citizens dominieren im zweiten Jahr mit dem Trainer Pep Guardiola die Premier League nach Belieben. Die zwei Spiele gegen den Schweizer Meister sollen in der Königsklasse nicht mehr als eine Etappe sein.

Aus dem bescheidenen Blickwinkel des Schweizer Klubfussballs ist Manchester United das Grösste. Der Name, die Tradition, das Old Trafford, der Trainer José Mourinho – mehr geht nicht. Weil die Basler in der Gruppenphase der Champions League gut und teilweise sogar sehr gut spielten, die Engländer die Sache nicht allzu ernst nahmen und sich Mourinho in der Pause für Selfies zur Verfügung stellte, siegte der FCB 1:0. Mehr Wallung ist für den Schweizer Meister nicht möglich.

Es sei denn, man habe die Steigerung von Manchester United vor Augen, die derzeit in der gleichen Stadt zu Hause und leicht zu orten ist: Manchester City, das Nonplusultra in der von Geld gefluteten Premier League.

Der teuerste Einkaufszettel

Die Citizens schweben in der Liga in schwindelerregender Höhe. 16 Punkte Vorsprung vor dem Stadtrivalen, 79:20 Tore, jüngst der 5:1-Erfolg gegen Leicester City und nicht weniger als vier Tore Sergio Agüeros, des Dritten im Torschützenklassement hinter Harry Kane und Mohamed Salah. Und immer wieder die Millionen und Abermillionen britischer Pfund, die dem Klub um die Ohren fliegen. Im Sommer 2016 wurden umgerechnet über 260 Millionen Schweizerfranken auf den Markt geworfen, um das Team umzubauen, 2017 waren es über 270 Millionen. Laut dem Centre international d’Etude du Sport in Neuenburg unterhält Manchester City das am teuersten zusammengestellte Team, vor Paris St-Germain, Manchester United und Barcelona. Die Ankunft des Trainers Josep Guardiola öffnete 2016 Schleusen. Wenn Guardiola, dann richtig Guardiola.

Als Legitimation für die Geldschleuder stampft der Katalane, der ein katalanisches Betreuerteam um sich schart, in seiner zweiten Saison die Konkurrenz in Grund und Boden. Das Öl-Geld aus Abu Dhabi verbrüdert sich mit dem Geist der schlagkräftigen La-Masia-Akademie von Barcelona, die Guardiola wie kein anderer Trainer repräsentiert. Oder wie der Arsenal-Manager Arsène Wenger über den Konkurrenten in der Kurzform gesagt hat: «Petrol and ideas.» Während einige nationale Wettbewerbe im Frühstadium entschieden scheinen, schweben über der Champions League Fragen wie: Gehen Real Madrid und der Trainer Zinedine Zidane gegen die Emporkömmlinge von Paris St-Germain unter? Gewinnen PSG und Katar die mit allen Mitteln und mit Neymar anvisierte Königsklasse? Oder eben: Abu Dhabi mit Manchester City?

Die Fragen allein geben den Hinweis darauf, was sich da vor dem FC Basel für eine Wand aufbaut. Manchester City stammt aus einer eigenen Welt und ist selbst in England der Konkurrenz richtiggehend entrückt. Kein Wunder, schliesst der Klub für die Schweizer Medien alle Türen, schreibt «Sorry» und vertröstet auf die offiziellen Medienkonferenzen. Für die Schweizer Medien gibt es keine direkten Einblicke: Closed Doors. Der Zukunftsmarkt liegt ja auch nicht in der Schweiz, sondern in Asien, beispielsweise. Grosser, weiter, unüberblickbarer Kosmos.

Erinnerungen an 2008

Die Citizens hinterlassen tiefe Spuren. Der FCB-Spieler Michael Lang spricht «von der stärksten Mannschaft der Welt», obschon diese noch nichts gewonnen hat. Der Schweizer Champion ist im eigenen Stadion allerdings selten von den Grossen Europas gedemütigt worden. Im Dezember 2016 gab’s ein 1:4 gegen Arsenal, wobei die Engländer schon nach 53 Minuten vier Tore vorgelegt hatten. Einer der krassesten Abende war jener mit der 0:5-Niederlage 2008 gegen den FC Barcelona, den damals 21-jährigen Jüngling Lionel Messi und den 37-jährigen Jungtrainer Josep Guardiola. Nach 48 Minuten hiess es 0:5. Das Basler Team und das Basler Publikum wähnten sich in einem Albtraum, der viel zu lang andauerte und danach lang haftenblieb. Am Montagabend sagte Guardiola in passablem Deutsch, auf 2008 angesprochen: «Ich erinnere mich gut an dieses Spiel. Ich erlebte in meinem ersten Barcelona-Jahr einen grossen Moment.»

Es wird interessant zu verfolgen sein, wie sich der FCB zehn Jahre danach vor die Mauer stellt. Der Trainer Raphael Wicky weist vor dem Spiel darauf hin, dass die Mannschaft den Match «auch geniessen» solle. Oder wie es der Spieler Geoffroy Serey Die formuliert: «Wir haben nichts zu verlieren und alles zu gewinnen.» Viel zu verlieren hätte auf der anderen Seite Guardiola, wobei niemand allen Ernstes den Gedanken hegt, dass er in Schwierigkeiten geraten könnte. Die Fragen der Engländer zielten am Medientermin vor allem darauf, ob Manchester City fähig sei, die Champions League zu gewinnen. Was ist da schon der FC Basel.

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