Presseschau

Tages-Anzeiger vom 21.10.2016

Angriff auf das Innerste des FCB

Der Hamburger SV sucht einen Sportchef – und könnte in Basel fündig werden.

Florian Raz Paris

Als Bernhard Heusler nach Schlusspfiff in die Basler Garderobe im Parc des Princes trat, erlaubte er sich gemeinsam mit ein paar Spielern einen Moment des «Hätte, wäre, wenn». «Was, wenn wir hier das 1:0 schiessen», fragte sich der Präsident des FC Basel, «was, wenn wir unsere Chancen nutzen wie bei den Erfolgen gegen Chelsea oder Tottenham?»

Nun ist Heusler kein Träumer. Er weiss, was am Ende vom Ausflug zu Paris Saint-Germain stehen bleibt: ein nacktes 0:3. Sich selber können die Basler damit aufrichten, dass ihr Auftritt in Paris um Welten besser war als jener beim 0:2 gegen Arsenal. Und so sagte der FCB-Präsident: «Ich bin stolz auf unsere Spieler. Jetzt können wir uns auf unsere Heimspiele gegen Arsenal und Paris freuen.»

Was wie eine Floskel klang, könnte eine tiefere Bedeutung haben. In Basel machen sie sich keine Illusionen, was die Entwicklung der Champions League betrifft. Drei Jahre noch hat der Schweizer Meister wenigstens die theoretische Chance, in der Königsklasse mitzuspielen. Danach könnten die Topclubs die Kleinen endgültig vom reich gedeckten Tisch vertreiben. Und natürlich ist die laufende Champions-League-Kampagne des FCB bislang kein flammendes Plädoyer gegen diese Verdrängungspolitik. Es gilt also, den Moment zu geniessen.

Das Interesse an Georg Heitz

Ist die Zukunft der Champions League ein Thema, das die Clubstrategie mittelfristig betrifft, gibt es derzeit ein dringenderes Thema, das den FCB umtreibt: Der Hamburger SV hat laut «Sport-Bild» grosses Interesse daran, den Basler Sportchef Georg Heitz abzuwerben. Der erklärt dazu zwar: «Es gibt kein Angebot aus Hamburg.» Mehr habe er nicht zu sagen: «Ich will keine Szenarien diskutieren und den Anschein erwecken, ich würde mich positionieren oder pokern.»

Das ändert nichts daran, dass Heitz nach Informationen des TA ganz weit oben auf der Wunschliste des HSV steht. Und er hat offenbar in Basel zu verstehen gegeben, dass er eine Anfrage aus Hamburg nicht von vornherein kategorisch ablehnen würde. Anders als vor einem Jahr, als er Mainz rasch absagte.

Das bedeutet nicht, dass der 46-Jährige auf gepackten Koffern sitzt. Bei allem Reiz, den der deutsche Traditionsclub ausstrahlt, gibt es gewichtige Argumente, die gegen den HSV sprechen: Der Verein hat einen chronischen Hang zum Chaos, was vor allem an einer komplizierten Führungsstruktur samt zu Einzelaktionen neigendem Grossinvestor liegt. Kurz, Hamburg ist mit seinen langen Entscheidungswegen wohl das pure Gegenteil zum FCB, der von einem engen, vertrauensvoll verbundenen Zirkel geführt wird.

Doch allein die Möglichkeit, dass sie vielleicht demnächst einen Sportchef suchen muss, wird die Clubspitze in Alarmbereitschaft versetzen. Heitz besitzt 25 Prozent der Aktien der FCB Holding und ist eine Schlüsselfigur in der Ära der Basler Dominanz im Schweizer Fussball. Seine Transferpolitik hat Basel Titel und regelmässig Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe beschert.

Das Interesse aus Hamburg an Heitz ist so auch ein Angriff auf das Innerste des FCB. Sein Abgang würde den Baslern die schwierigste Personalentscheidung seit der Entlassung der Trainer-Überfigur Christian Gross 2009 aufzwingen.

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