Presseschau

Basler Zeitung vom 14.08.2013

Brasilien zu Gast in Basel: Von euphorisch bis überheblich

Fünfmal spielte die brasilianische Nationalmannschaft am Rheinknie: Dreimal gegen die Schweiz – und zweimal gegen den FC Basel (!)

13. Juni 1954: Grosser Fussball auf dem Landhof

«Sie lasen richtig», stand am 15. Juni 1954 in der Montagsausgabe der Basler Nachrichten, «der FC Basel spielte am Samstag nicht gegen einen Verein Brasiliens, sondern gegen die beiden Teams, die die Südamerikaner zu den Weltmeisterschaftsspielen nach der Schweiz gebracht haben. Die Gäste wollten alle ihre Spieler irgendwie beschäftigen, Basel war damit einverstanden, und so kam es zu diesen beiden Begegnungen von je 45 Minuten.»

Nebst dem Kleinbasler Kurt Thalmann, der sich nur noch vage an jenes Spiel erinnert, stach aus der von auswärtigen Spielern verstärkten Basler Formation der Solothurner Thürler heraus, der laut Basler Nachrichten «etliche der flinken Spieler auf einen Klapf (sic!) zu umspielen vermochte. Und wenn’s nottat, war er überall.» Die 9500 Zuschauer auf dem Landhof waren trotz den beiden Niederlagen sehr angetan von der Darbietung, wie die erwähnte Zeitung festhielt: «Die Resultate waren für die Basler verdientermassen so gut, dass sie deswegen von den Zuschauern mit lang anhaltendem Beifall belohnt wurden.» Brasilien fuhr nachher an die WM, wo im Viertelfinal gegen Ungarn Endstation war.

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FCB verstärkt–Brasilien B 1:2 (45 Minuten) FCB verstärkt–Brasilien A 1:3 (45 Minuten)

Landhof – 9500 Zuschauer. – Tore des FCB: Bosshardt, Weber (beide Assists von Kurt Thalmann).

FCB verstärkt: Schley; Mogoy; Bopp; Redolfi, Weber, Thürler (Solothurn); Bähler (YB), Hügi I, Bosshardt (FCZ!), Bielser, Thalmann.

3. Juni 1974: Der Weltmeister zu Gast beim FCB

Karli Odermatt, damals Captain des FC Basel, erinnert sich an ein «bombastisches, spektakuläres und ziemlich ausgeglichenes Spiel» vor 43 000 Zuschauern zwischen den beiden ungleichen Teams, dem rotblauen Club und dem brasilianischen Nationalteam, das zehn Tage später die WM-Eröffnung gegen Jugoslawien bestreiten sollte.

Der Unternehmer Ruedi Reisdorf war es, der die Brasilianer nach Basel lockte. Der FCB schnupperte an der Sensation, musste sich am Ende jedoch den Stars wie Rivelinho, Paulo Cesar oder Jairzinho mit 2:5 geschlagen geben. Dem FCB blieb ein Gewinn, von dem die Spieler auch einen Anteil wollten. Als Odermatt im Namen der Mannschaft nach einer Prämie fragte, wurde ihm trocken beschieden: «Weshalb eine Prämie? Ihr habt doch verloren!»

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FC Basel–Brasilien 2:5 (2:2)

St. Jakob. – 43 000 Z. – Tore: 20. Balmer 1:0. 30. Rivelinho 1:1. 41. Balmer 2:1. 43. Rivelinho 2:2. 59. Jairzinho 2:3. 73. Rivelinho 2:4. 79. Waldomiro 2:5.

Basel: Kunz (46. Müller); Mundschin; Ramseier (46. Wirth), Fischli, Stohler (46. Rabacovic); Demarmels, Odermatt, von Wartburg; Balmer, Hitzfeld, Tanner (72. Wampfler).

17. Juni 1983: Die grosse Euphorie

Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Schweizer Fussballnationalmannschaft beiben die Tageskassen vor einem Heimspiel geschlossen. Die 60 000 Zuschauer sorgen für Bruttoeinnahmen von 800 000 Franken und konsumieren 40 000 Liter Bier, 35 000 Liter Mineralwasser und 17 000 Würste. Gemäss der Anthologie «Sternstunden des Schweizer Fussballs» wird das Spiel in vier Länder live übertragen: in die Schweiz, Brasilien, Monaco und Saudi-Arabien.

Die Schweizer Fans, euphorisiert durch die Erfolge ihrer Mannschaft unter Trainer Paul Wolfisberg, werden jedoch enttäuscht: Nach der Führung durch Innenverteidiger Andy Egli, der ein Jahr später in die Bundesliga zu Dortmund wechseln wird, verliert Rotweiss doch noch mit 1:2. Eine unnötige Niederlage, auch weil die Brasilianer mit bloss vier WM-Teilnehmern nach Basel gekommen sind und nur in wenigen Momenten Samba-Fussball zelebrieren. Und wie ernst die Seleção das Spiel nimmt, beweist der Umstand, dass sie vor der Partie noch den Circus Knie besuchte sowie einer Feuerwehrübung auf dem Rhein beiwohnte.

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Schweiz–Brasilien 1:2 (1:0)

St.-Jakob-Stadion. – 60 000 Zuschauer. – Tore: 33. Egli (Foulpen.) 1:0. 77. Socrates (Foulpen.) 1:1. 87. Careca 1:2

Schweiz: Burgener (46. Berbig); Geiger; Wehrli, Egli, In-Albon; Koller, Decastel, Heinz Hermann; Sulser (82. Elsener), Ponte, Braschler.

Gekonnt. Der grosse Socrates trifft per Elfmeter zum 1:1. Foto Keystone

21. Juni 1989: Der historische, weil einzige Sieg

Nur gerade einmal schafften die Schweizer das Kunststück, das übermächtige Brasilien zu bezwingen. Allerdings wohnen im Joggeli nur gerade 13 000 Zuschauer diesem aus Schweizer Sicht sporthistorischen Ereignis bei. Zu oft enttäuschten die rotweissen Kicker ihre Fans zuvor, die eben erst zu Ende gegangene Kampagne für die Weltmeisterschaft 1990 unter Trainer Daniel Jeandupeux war mit bloss zwei Siegen gegen Luxemburg ein veritabler Flop. Jeandupeux wurde gefeuert, seine Nachfolge trat Uli Stielike an. Der einstige Profi von Gladbach und Real Madrid sowie Europameister sowie WM-Finalist von 1982 mit der deutschen Nationalmannschaft nimmt seine Arbeit ausgerechnet beim Spiel gegen Brasilien auf. Stielike setzt auf junge Spieler und wird dafür belohnt. Kubilay Türkyilmaz, der kurzfristig aus seinen Ferien in den Abruzzen angereist ist, schindet einen Penalty heraus, wie er heute freimütig zugibt. Er verwandelt ihn gleich selber und sorgt mit dem Sieg für eine neue Euphorie unter den Schweizern. Wenige Monate später wird das Spiel gegen San Marino in der EM-Qualifikation ausverkauft sein.

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Schweiz–Brasilien 1:0 (0:0)

St.-Jakob-Stadion. – 13 000 Zuschauer. – Tor: 50. Türkyilmaz (Foulpen.) 1:0.

Schweiz: Brunner (46. Lehmann); Koller; Marini, Weber, Schepull, Baumann; Alain Sutter (55. René Sutter), Geiger, Chapuisat (62. Piffaretti); Beat Sutter (83. Burri), Türkyilmaz (73. Zuffi).

Bemerkungen: Länderspieldebüt von Chapuisat.

15. November 2006: Frühe Tore als Stimmungskiller

Alles ist angerichtet für die grosse Fussballparty im vergrösserten St.-Jakob-Park mit der frisch eingeweihten Galerie. Auf fast jedem der 39 000 Sitze liegt eine rot-weisse Schweizer Fahne, was dem Ganzen auch optisch eine Prise Spektakel verleihen soll. Doch dann erweisen sich die Brasilianer als Stimmungskiller: «Selbst ohne Ronaldinho, der zu Beginn auf der Bank Platz nahm, lief der Ball wie an der Schnur gezogen durch die Reihen der Brasilianer», hält die BaZ damals fest. Schnell ist klar: Gegen die zu jenem Zeitpunkt auf Position eins der Weltrangliste klassierte Mannschaft haben die von Köbi Kuhn gecoachten Schweizer keine Chance. Tatsächlich steht es nach 35 Minuten bereits 2:0 für die Südamerikaner. In der zweiten Hälfte nehmen es die Ballkünstler dann gemächlicher und setzen nicht mehr richtig nach. Die Quittung dafür folgt in der 70. Minute mit dem Anschlusstreffer, für den allerdings auch die Brasilianer besorgt sind: Maicon trifft ins eigene Netz. Zu mehr reicht es den Schweizern nicht mehr, bei denen Alex Frei und Marco Streller eine Halbzeit zusammen spielen.

Schweiz–Brasilien 1:2 (0:2)

St.-Jakob-Park. – 39 000 Z. – Tore: 22. Luisao 0:1. 35. Kaka 0:2. 70. Maicon (Eigengoal) 1:2.

Schweiz: Zuberbühler; Lichtsteiner (85. Inler), Djourou (66. Müller), Senderos, Magnin; Vonlanthen (79. David Degen), Cabanas (73. Hakan Yakin), Vogel (46. Dzemaili), Barnetta; Frei, Streller (46. Margairaz).

Bem.: Länderspieldebüt von Lichtsteiner.

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