FC Basel
FC Zürich
FC Basel - FC Zürich 0:3 (0:2)
Datum: 28.10.1995, 20:00 Uhr - Wettbewerb: NLA Qualifikationsrunde 1995/96 - 16. Runde
Stadion: St. Jakob (Basel) - Zuschauer: 13'500
Schiedsrichter: Werner Müller
Tore: 10. Güntensperger 0:1. 44. Gambino 0:2. 90. Castillo 0:3.
Gelbe Karte: 85. Makalakalane (Foul), 88. Smajic (Rempler).
FC Basel: Huber; Ceccaroni, Olsen, Walker, Disseris; Smajic, Nyarko, Sutter, Orlando (57. Moser); Okolosi (57. Yakin), Zuffi (74. Rey).
FC Zürich: Stiel; Huber, Fischer, Andersen, Gambino; Baldassari (37. Studer), Mazzarelli, Makalakalane (90. Nocita), Nixon (79. Tarone); Güntensperger, Castillo.
Bemerkungen: FCB ohne die verletzten Meier und Cantaluppi sowie ohne Tabakovic, der zwar als verletzt gemeldet wurde, aber effektiv überzähliger Ausländer war. FCZ ohne di Jorio, Disler, Hodel, Walker und Widmer.
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Totales FCB-Debakel: Rasche und dennoch kluge Reaktion tut not
0:3 - das ist das Ergebnis aus dem Heimspiel des FC Basel gegen den FC Zürich im ersten Match «nach Andrey». Resultat und Leistung müssen zwingend ein Forcieren der Trainersuche zur Folge haben.
Basel. Man hatte sich eine Wende erhofft, auch wenn die Entlassung von Didi Andrey nicht «sportlichen» Gründen entsprang.
Eingetroffen aber ist das: Der FC Basel hat in seinem freien Fall nach unten, zu dem er in diesem Herbst angesetzt hat und den er bisher nicht bremsen konnte, eine weitere «Abwärtsstufe» genommen - und das auf erbärmliche Art und Weise: Mit 0:3 gab er am Samstag vor 13 500 Zuschauern das ungemein wichtige Heimspiel gegen den FC Zürich preis und hielt dabei mit fataler Hilflosigkeit jenen Kurs, der nirgendwo anders als in der Abstiegsrunde enden wird, wenn nicht ein ebenso schneller wie markanter Schritt im engsten Umfeld der Mannschaft getan wird.
Und zwar lieber heute als morgen.
Man verspottet den FCZ nicht, wenn man feststellt, dass am Samstag nicht eine reife, harmonische Mannschaft im Schwung lauter eigener Erfolgserlebnisse ihren Besuch zu St. Jakob abgestattet hat. Vielmehr kam ein Team, das in bisherigen 15 Partien ein einzigesmal gewonnen, über das sich der Hohn der letzten Wochen kübelweise ergossen hat und deren Trainer Ponte von einem Teil der Medien verbaler Lynchjustiz ausgesetzt war.
Diese Zürcher Mannschaft nun war noch immer gut genug, vif genug und klar genug, um den FCB vorzuführen, ihn zu demütigen.
Es kamen arg gebeutelte Zürcher nach Basel - und gaben in einem einzigen Match die ganze Last von fussballerischem Verdruss und Frust weiter an den Gegner.
Kein «Super-FCZ»
Dabei nutzte der FCZ drei seiner sieben hochkarätigen Chancen mit erstaunlicher Entschlossenheit, ja, die Zürcher lieferten ein Beispiel ab, wie sich ein Team selbst aus dem Schlamassel ziehen kann. Dass dabei umgekehrt der FCB auch diesmal gnädigste Entwicklunsghilfe leistete, war bei weitem keine Premiere in diesem Herbst.
Alle drei Tore kassierte der FCB aus «stehenden» Bällen:
·In der 10. Minute durch Güntensperger, der letztlich davon profitierte, dass es etliche Basler Verteidiger vorzogen, beim Schiedsrichter zu reklamieren, statt sich um einen von Fischer schnell zu Mazzarelli ausgeführten Freistoss zu kümmern.
·In der 44. Minute von Gambino, einem Mann, der bisher häufig wegen selbstverschuldeter Treffer gegängelt wurde, der jetzt aber selbst von einer erneuten Ungenauigkeit in Basels Abwehr profitierte.
·In der 90. Minute von Castillo, der mit seinem Kopfball die Schmach des FCB vollends grausam machte. Bei allen drei Treffern und bei vielen weiteren Zürcher Szenen hatte Mazzarelli, der überragende Mann des Abends, seine Füsse im Spiel.
Es war keineswegs ein «Super-FCZ», wie hinterher Ponte befand. Doch der Trainer aus Zürich war in seiner Euphorie zu verstehen: Mit seinem Team war er ausersehen gewesen, dem FCB zur Wende zu helfen. Ohnehin schon allseits abgeschrieben, schienen Pontes Leute gerade die Richtigen zu zu sein, um den FCB auf die Beine zu stellen. Doch es lief genau umgekehrt, und zwar wegen der miserablen Basler Leistung, wegen der chaotischen Unordnung im Gefüge, die auch mit den Umstellungen im FCB-Team zu tun hatte, vor allem aber mit der psychischen Blockade der Basler Spieler, die nach den Misserfolgen der letzten Monate und den Vorkommnissen der letzten Woche nicht behoben war.
Man hatte nach der Art und Weise, wie Andrey entlassen wurde, geahnt, dass der bei Trainerwechseln oft funktionierende Effekt in diesem speziellen Basler Fall nicht zum Tragen kommen würde. Doch man hatte wenigstens eine Rückkehr zur sportlichen Normalität erhofft. Und «normal» wäre im Minimum ein Unentschieden, viel eher aber irgendein Arbeitssieg von 1:0 oder 2:1 gewesen.
Von wegen.
0:3 hiess es am Ende, und...
...das wiederum muss und kann nun nichts anderes heissen, als dass die Interimslösung mit Sportchef Oldrich Svab so schnell wie möglich und so klug wie möglich beendet wird.
Svab nicht schuld, aber...
Es sei ausdrücklich betont: Die Niederlage an sich kann nie und nimmer Svab angelastet werden. Erstens sind vier Tage Zeit nicht genug, um Entscheidendes zu bewegen, nicht in die gute, nicht in die schlechte Richtung. Und zweitens hatte schon vor dem Match die Mannschaft geschlossen betont, dass es nach Andreys ruhmlosem Abgang ausschliesslich an ihr selbst liege, die richtige Reaktion zu zeigen. Das gelang ihr bei weitem nicht, wobei die verschiedensten (durchaus besonnenen) Aussagen von Spielern eine Vermutung bestätigten: Svab und die Mannschaft harmonieren ganz und gar nicht.
Der Hauptgrund dafür liegt in der unglücklichen Konstellation: Andrey und Svab haben nicht die gleichen Vorstellungen von Fussball, weder in takischen noch in personellen Bereichen. Sie zogen zwar am gleichen Strick, jeder aber an seinem eigenen Ende. Svab blieb nun mit nur vier Tagen «Umgewöhnungszeit» für die Spieler bei seinen Ideen.
Auch wenn die Spieler selbst in einen Argumentationsnotstand geraten sind, weil es letztlich ja sie waren, die die neun Saisonniederlagen verursachten, muss auf sie gehört werden. Und die Signale, die aus dem Kader kommen, sind mehr als eindeutig: Der Spie-lerrat hatte schon vor dem Match gegen den FCZ beim Präsidium deponiert, dass der neue starke Mann möglichst rasch da sein müsse. Nach dem samstäglichen Debakel bekommen diese Forderungen noch mehr Gewicht.
Es sollte also der FCB-Vorstand sehr rasch, sehr entschieden, aber gleichwohl mit der notwendigen Klarsicht und Besonnenheit den neuen Trainer bestimmen. Das hätte den Vorteil, dass «der Neue» in keine internen Machtspielchen verwickelt ist. Es müss-te einer sein, der in erster Linie psychologisch wirken und der völlig unvoreingenommen an die Arbeit gehen kann.
Röber? Lienen?
Das ist nun selbstverständlich leichter gesagt als getan, denn die Mehrzahl der guten Trainer ist nicht frei. Gleichwohl gibt es Chancen, diesen Mann zu finden, und vermutlich ist auch die geographische Richtung, wie sie Vizepräsident Mario Cueni vorschwebt, die richtige. Er denkt an einen deutschen Trainer, an einen in der Grössenordnung eines Jürgen Röber (ex VfB Stuttgart) oder eines Ewald Lienen (ex MSV Duisburg, jetzt Assistent in Teneriffa).
Es ist umgekehrt aber auch Präsident Peter Epting beizupflichten, wenn er betont, dass «nichts falscher wäre, als jetzt überhastet zu reagieren und den falschen Mann zu wählen, nur damit schon heute oder morgen dem puren Effekt zuliebe ein neuer Mann präsentiert werden kann».
Was getan werden muss, und zwar schnell, ist das:
Es muss zuerst ein Anforderungsprofil erstellt werden. Aus der vorhandenen Liste an Namen sollen danach mit Sorgfalt und Bedacht jene gestrichen werden, die nicht in Frage kommen. Das ist wohl die Mehrheit, übrigbleiben dürften gleichwohl ein paar wenige Kandidaten, die in Frage kommen.
Mit denen soll so rasch wie möglich Kontakt aufgenommen - und danach mit dem geeignetsten Mann versucht werden, einen Vertrag vorerst nur bis Saisonende einzugehen. Hat der neue Mann Erfolg, kann er längerfristig verpflichtet werden, hat er keinen Erfolg oder passt er nicht zur Mannschaft, wird zusätzlich (und nun mit etwas mehr Zeit) der Markt gesichtet, der bis dann um jene Spitzenkräfte breiter sein wird, die derzeit noch gebunden sind.
Die Aufgabe des FCB ist also schwierig: Zum Pfuschen in der Trainerwahl ist er in einer sportlich viel zu delikaten Lage, zum Zaudern bleibt ihm umgekehrt keine Zeit, so dass zwingend und dringend und raschestens vorwärtsgemacht werden muss - auch Svab zuliebe, damit der in seinen Bereichen absolut fähige Mann nicht auch noch in seiner eigentlichen Funktion als Sportchef verheizt und verbraucht wird. Josef Zindel
Quelle: Basler Zeitung; 30.10.1995