Presseschau

Basler Zeitung vom 31.07.2018

Der Flüsterton einer FCB-Legende

Im Machtgefüge von Präsident Bernhard Burgener spielt Karli Odermatt eine Hauptrolle – nicht zur Freude aller

Von Marcel Rohr

Basel. Die Gedanken an die gute alte Zeit haben etwas Rührendes. Unten auf dem Rasen wirbelte der Spielmacher des FC Basel, blond, ungeheuer gutaussehend, dominant, elegant, erfolgreich. Oben auf der Rampe stand ein kleiner Bub und bestaunte sein Idol. Er träumte davon, den Ball so elegant behandeln zu können wie der blonde Held. Der unten: Das war Karli Odermatt (75), vermutlich der beste und ganz sicher der populärste Spielmacher der rotblauen Geschichte. Der kleine Bub hiess Bernhard Burgener (60), der in rotblauer Bettwäsche schlief und im Schatten des Joggeli aufgewachsen war.

Nach einem 10:0 gegen Moutier im Oktober 1966 schüttelten sie sich zum ersten Mal die Hand. Aus dem ersten Kontakt wuchs eine Männerfreundschaft, die seit Jahrzehnten jeden Sturm überstanden hat. Mitte der Neunzigerjahre klapperte Odermatt im Auftrag von Burgener die Basler Beizen für ein FCB-Sponsoring-Konzept ab. Im Gegenzug sprang der heutige Präsident bei diversen anderen beruflichen Projekten ein. Als Odermatt am 17. Dezember 2012 seinen 70. Geburtstag feierte, da organisierte Burgener eine pompöse Gala in der Messe Basel. Freunde halten zusammen. Für immer. Als Burgener im Frühsommer 2017 den FC Basel übernahm, war klar, dass sein Freund eine tragende Rolle im neuen Geflecht zugewiesen bekommt. Jetzt sitzt Odermatt im Verwaltungsrat der Holding, dem Dachkonstrukt des FC Basel.

Grosser Einfluss

Wenn die beiden mit Peter von Büren tagen, wird natürlich über Fussball geredet. Wenn die beiden bei Odermatt zu Hause ein Risotto geniessen, was sehr häufig passiert, wird natürlich auch über Fussball geredet, was denn sonst. Wenn aber Bernhard Burgener sagt, dass er das Tagesgeschäft den Profis überlässt, die von der Sache eine Ahnung haben, und er sich im Hintergrund hält, ist das nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit: Odermatt hat auf das Tagesgeschäft einen sehr grossen Einfluss. Unter der alten Führung um Bernhard Heusler wäre die undenkbar gewesen. Da war Karli der Vorzeige-Ambassador. Mehr nicht.

Der Flüsterton der Legende ist ein heisses Thema beim FC Basel. Odermatt ist zweifellos ein Fussballexperte und auch im 76. Lebensjahr hellwach. Doch im St.-Jakob-Turm verbreitet sich zunehmend die Meinung, dass sich Odermatt zurückhalten sollte. Und die Deutungshoheit aus dem Tagesgeschäft der jüngeren Generation überlässt – allen voran Sportchef Marco Streller (37).

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Karli Odermatt schon in der letzten Saison seine Zweifel an Raphael Wicky hatte. Das Ende des Trainers aus dem Wallis ist mittlerweile bekannt, nicht aber eine spannende Frage in diesem Zusammenhang: War es Streller, der auf den letzten Metern die Freistellung von Wicky forcierte – oder etwa Karli Odermatt? Kamen beide zum gleichen Schluss – oder ist der Handlungsspielraum Strellers komprimiert, weil der Flüsterton der Legende («Karli no ne Goal») bei Bernhard Burgener viel schneller den Gehörgang trifft?

Tatsache ist, dass die Verwaltungsräte der FCB-AG – neben Marco Streller sind das Alex Frei und Massimo Ceccaroni – schon mehrfach über diese diffizile Situation intern debattiert haben. Sie ist eher belastend als beflügelnd, ändern wird sich in nächster Zeit jedoch nichts; die Gremien sind bis zur nächsten Generalversammlung im Mai/Juni 2019 gewählt. Kein Zweifel: Auf Karli Odermatt wird Bernhard Burgener nie verzichten. Zämme stark. Und das auf höchster Stufe.

Der nächste Stresstest

Für die führenden Köpfe steht bereits der nächste Stresstest an. Noch in dieser Woche will man den Nachfolger von Raphael Wicky gefunden haben. Mit Interimscoach Alex Frei ist abgemacht, dass er nur noch das kapitale Champions-League-Qualifikationsspiel gegen Saloniki am Mittwoch (20 Uhr, Teleclub Zoom) sowie das GC-Heimspiel am Samstag machen muss.

Wer ist der Königsmacher im Joggeli? Marco Streller, von dem Burgener in der Öffentlichkeit ständig erzählt, wie grossartig er arbeitet? Oder doch Karli Odermatt? Haben COO Roland Heri und Kaderplaner Remo Gaugler überhaupt irgendetwas zu sagen?

Wer es vergessen hat: 1992 sass Karli Odermatt für ein paar Spiele selbst auf der Trainerbank des FC Basel. Zusammen mit Bruno Rahmen. Heute ist sein Einfluss wesentlich grösser als vor 26 Jahren – er bestimmt bei der Wahl des Neuen mit.

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