Presseschau

Basler Zeitung vom 23.07.2018

Schweres Gepäck

Der FC Basel verliert in letzter Sekunde 1:2 gegen den FC St. Gallen und fliegt nun nach Saloniki

Von Oliver Gut

Basel. Ganz so schlimm, wie es der FC Basel gleich nach dem Schlusspfiff auf diverse Handys schickte, war es nicht. «Der FC Basel verliert 0:3» stand da nämlich in der Eilmeldung. Und mit 0:3 war der FC Basel dem FC St.Gallen im ersten Spiel der neuen Saison im eigenen Stadion wirklich nicht unterlegen. Doch weil das entscheidende Gegentor erst in allerletzter Sekunde gefallen war, fühlte sich auch ein 1:2 wie ein Schlag ins Gesicht an. Erst recht, wenn man berücksichtigt, dass der Ball nur deshalb an FCB-Goalie Jonas Omlin vorbeiflog, weil er von Luca Zuffis Rücken entscheidend abgelenkt wurde. Oder wie es Albian Ajeti danach ausdrückte: «Das war ein Scheiss-Tor.»

Widerspruch dürfte Ajeti von den Basler Fans keinen erfahren haben, als er in der ersten Emotion dieses unverblümte Urteil beim Stadion-Interview abgab. Der Gegentreffer, auf den umgehend der Schlusspfiff folgte, war eine absurde Pointe einer Auftakt-Affiche gewesen, die tatsächlich auch mit 0:3 hätte enden können – aber genau so gut auch mit 3:0 für den FC Basel. Kurz: Es war eine sehr unterhaltsame Partie, die vom Mut beider Mannschaften geprägt wurde, der Raum zur Entfaltung bot und auf beiden Seiten in regelmässigen Abständen zu Torchancen und kitzligen Szenen führte. Eine, in der am Ende der FC Basel mit lauter offensiven Wechseln den Sieg vehementer suchte, weil er mit einem Remis schlechter leben konnte – und so schliesslich einen Konter zuliess, mit dem er letztlich die Niederlage fand.

Rotblaue Ineffizienz

«Das ist unglaublich bitter», gab FCB-Trainer Raphael Wicky danach einen kleinen Einblick in sein Seelenleben. Dass er dabei nicht komplett niedergeschlagen wirkte, lag an der Art und Weise, wie seine Mannschaft aufgetreten war. «Wir haben bis zum Ende alles versucht, um zu gewinnen. Den einzigen Vorwurf, den ich der Mannschaft machen muss, ist, dass wir unsere Chancen nicht nutzten.»

Die besten Gelegenheiten liessen dabei Neuzugang Aldo Kalulu (7./46.), Albian Ajeti (28./78.) und Kevin Bua (47.) liegen. Denn der einzige Treffer, der dem FCB gelingen wollte, war ein Eigentor, das Quintilla nach Flanke von Kevin Bua mit einem Distanzkopfball erzielte, für den er wohl länger üben müsste, wäre es seine Absicht, so perfekt abzuschliessen.

Zur Basler Ineffizienz gesellte sich trotz des kuriosen Tores auch das, was man gerne als fehlendes Schlachtenglück bezeichnet. Beispiel dafür ist nicht nur der Ablenker zum 1:2 kurz vor dem Schlusspfiff, sondern auch eine Szene früher im Spiel: Dass Ajeti nach einem Heber durch FCSG-Goalie Stojanovic elfmeterreif weggeräumt wird, übersah Fedayi San wohl im Bann der Flugbahn eines Balles, der ohne Heftis Rettungstat zum Tor geworden wäre.

Das zeigt, dass der FC Basel in den ersten 90 Minuten nicht den zuvor befürchteten Eindruck erweckte, er sei nach einer suboptimalen Vorbereitung nicht in der Lage, ansehnlichen Fussball zu spielen. Allerdings ändert dies nichts daran, dass Wicky aktuell aufgrund von Kaderbreite und Absenzen nicht eben viele Optionen hat, von denen sich sagen liesse, sie seien wettkampferprobt: Hätte er beispielsweise in der von ihm immer wieder verordneten Dreier-Fünfer-Abwehrkette spielen wollen, hätte er dies mit Junior Yves Kaiser tun müssen, der als Innenverteidiger-Ersatz draussen sass. Und wäre einer seiner zentralen, defensiven Mittelfeldspieler ausgefallen, wäre von der Bank Robin Huser gekommen. Ein Spieler, für den sich in der Sommerpause national kein Abnehmer fand.

Rotblaue Repetition

Über all diesen Beobachtungen und Gedanken steht die Tatsache, dass das Resultat am Samstag nicht stimmte. Dreimal ist Wicky als Trainer des FCB nun aus einer Pause in eine Halbjahres-Serie gestartet – und dreimal hat er dies mit einer Niederlage getan. Es ist dies nicht das Einzige, was sich wiederholte: Ebenfalls nicht neu ist, dass St. Gallen siegt. Schon im September 2017 auswärts und im Februar 2018 daheim unterlag man den Ostschweizern. Und schon damals waren es Basler, die den Baslern wehtaten: Erst Aratore und der danach nach Hause transferierte Ajeti. Dann Itten mit einem Doppelschlag. Und jetzt wieder Itten – inzwischen definitiv vom FCSG übernommen –, indem er zum 1:0 traf, bis schliesslich mit Buess und Aratore wiederum zwei Ex-Basler via Zuffi das 1:2 fabrizierten. Das FCB-Motto «Für immer Rotblau» darf also auch für Grünweiss gelten, wo jene aufblühen, die in Basel gewogen und für zu leicht befunden wurden.

So oder so: Der FCB hat am Samstag einen ersten Schritt in die falsche Richtung gemacht. Weg von einem guten Saisonstart. Weg auch von der Rückeroberung des Meistertitels, liess er doch gleich einmal drei Punkte liegen. Und weg von der Vorgabe des Besitzers Bernhard Burgener, man möge zuhause wieder eine Macht werden.

Der Druck auf den Club, das Team und den Trainer ist damit noch einmal gestiegen. Und Zeit zu ausgiebigem Torschusstraining bleibt keine: Bereits heute geht der Flug nach Griechenland, wo morgen ab 19.30 Uhr (live Teleclub) gegen Paok Saloniki das Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League stattfindet. Das Gepäck, das man aus dem St. Gallen-Spiel mitnimmt, wiegt schwer.

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