Presseschau

Basler Zeitung vom 19.02.2018

Unbekanntes Land

Der FC Basel verliert das zweite Liga-Heimspiel in Folge und liegt acht Punkte hinter dem BSC Young Boys

Von Oliver Gut

Basel. Wer etwas Neues sehen will, muss normalerweise reisen. Der FC Basel beweist, dass es auch anders geht. Er hat am Wochenende unbekanntes Land betreten – und er hat dies in seinem gewohnten Umfeld, in seinen eigenen vier Wänden getan.

Mit 0:2 verlor Rotblau am Samstag gegen den FC St. Gallen nach dem 0:1 gegen Lugano auch das zweite Super-League-Heimspiel des neuen Kalenderjahrs und sammelte damit Erfahrungen, die nicht nur für sämtliche Kaderspieler, sondern auch für ihren Sportdirektor Marco Streller neu sind: zwei Heimniederlagen in Folge, das hat es in der Liga zuletzt im September 1997 in der NLA-Qualifikationsrunde gegeben. Der jetzige FCB-Profi Luca Zuffi ging damals in Oberwil in die Primarschule – sein Vater Dario stand im alten Joggeli auf dem Rasen, als man erst Luzern mit 3:4 und dann Lausanne mit 0:1 unterlag. Am Ende jener Saison wurde in extremis der Abstieg verhindert.

So weit wird es 2018 nicht kommen. Und doch ist es ein bisschen vergleichbar mit dem, was dem FC Basel aktuell droht. Wer zuletzt achtmal in Folge den Schweizer Meistertitel gewonnen hat, für den kann ein zweiter Platz nur ein Abstieg sein. Umso mehr, wenn man die wirtschaftliche Komponente in Betracht zieht und berücksichtigt, dass der Weg an die Honigtöpfe der Champions League für die Nummer 2 der Schweiz ungleich beschwerlicher wird.

Unterschiede zu 2010

Acht Punkte trennen den FC Basel nun in der Tabelle vom BSC Young Boys, der am Sonntag zum ersten Mal in dieser Saison ein Derby gegen Thun für sich entscheiden konnte. Auch wenn dieser Abstand bei ausstehenden 14 Spielen noch keiner Reise zum Mars gleichkommt, so ist es doch eine Menge Holz. Und auch diesbezüglich hat der FCB am Wochenende Neuland betreten: Nie seit Einführung der Super League in der Saison 2003/04 lagen die Basler am 22. Spieltag so weit hinter der Spitze zurück. Also auch vor acht Jahren nicht. Damals, als die legendäre Aufholjagd gegen YB gelang, betrug der Rückstand zum gleichen Zeitpunkt nur vier Zähler. Was einen auf die Idee kommen lässt, dass die Berner aktuell näher am Meistertitel sind, als sie es 2010 waren.

Dazu passt, wie sich die Exponenten des FC Basel äussern. «Derzeit sieht es sehr schlecht für uns aus, wenn es um den Meistertitel geht», stellte Sportchef Streller fest. FCB-Trainer Raphael Wicky hielt fest, dass die Meisterschaft zwar «sicher nicht gelaufen ist». Befand aber auch, dass man für diese beiden Heimspiele sechs Punkte budgetiert habe und dass der Druck nun sehr hoch sei. «Aufgeben werden wir sicher nicht.»

Das macht auch keinen Sinn. Zwar ist es dem FCB noch nie gelungen, nach dem 22. Spieltag acht Punkte Rückstand wettzumachen. Aber der Blick zurück ins 2010 gibt trotzdem Anlass zur Hoffnung, YB möge früher oder später mit dem «Veryoungboysen» beginnen: Zwar waren es 2010 zum selben Zeitpunkt nur vier Zähler – doch stieg der Basler Rückstand danach nochmals auf sechs Punkte an. Sechs Punkte, aus denen erst in den letzten sieben Runden inklusive Finalissima ein Basler Vorsprung von drei Zählern wurde.

Parallelen zum Spätsommer

In erster Linie gilt es für die Basler, nun sofort jenen Schwung zu finden, der sie im Herbst ausgezeichnet hat und dessen Verlust die Verantwortlichen vorerst nicht richtig begründen konnten. «Ich sehe Parallelen zu unserer schwachen Phase im Sommer», sagte Wicky, wissend, dass nicht mehr gilt, was im Sommer ein plausibler Grund war: Inzwischen ist das Gros der Mannschaft mit dem Fussball vertraut, den der Trainer will.

Genauso wie damals suchen aber viele wichtige Akteure ihre Form. Aktuell schwächelt zum Beispiel Mohamed Elyounoussi beträchtlich. Und Michael Lang ist wieder weit von jenem offensiven Beitrag entfernt, der ihn in den letzten Monaten des alten Jahres zum Fussballer des Jahres 2017 machte. Hinzu kommt, dass die Neuverpflichtungen noch keine Verstärkung sind: Fabian Frei sucht ebenfalls die Form und musste gegen St. Gallen 90 Minuten zuschauen. Valentin Stocker liefert so was wie Durchschnitt. Und Léo Lacroix verschuldete den Ballverlust, der in der zweiten Halbzeit zum 0:1 führte.

Dass dieser Gegentreffer so schwer wog, lag auch daran, dass der FCB es in der ersten Hälfte nicht verstand, seine gefährlichsten Szenen konsequent zu Ende zu bringen. Am stärksten trifft dies auf Ricky van Wolfswinkel zu, der in der 25. Minute einen Elfmeter übers Tor schoss. Es war dies bereits das dritte Liga-Spiel, in dem die Basler einen Penalty vergeigten – und insgesamt resultierte aus diesen drei Partien einzig ein Punkt beim 1:1 in Sion.

Sollte es am Ende nicht zum Titel reichen, werden die Elfmeter Thema sein. Nicht so sehr allerdings wie die Bilanz im St.-Jakob-Park: Drei Heimniederlagen in einer Super-League-Saison bedeuten für den FC Basel ebenfalls Neuland …

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