Presseschau

Tages-Anzeiger vom 19.02.2018

YB verwandelt die Basler Vorlage

Am Wochenende wurde vielleicht die Meisterschaft entschieden. YB liegt neu acht Punkte vor dem FCB.

Moritz Marthaler , Florian Raz Bern, Basel

Aus fünf mach acht, aus 46 49 und aus der Tabellenführung das Gefühl, dass jetzt doch eigentlich nicht mehr viel schiefgehen sollte. 3:1 haben die Young Boys gestern gegen Thun gewonnen, nach der Niederlage des FC Basel gegen St. Gallen vom Samstag haben sie nun acht Punkte Vorsprung und bald schon 50 Zähler gesammelt. YB ist so nah dran am Titel wie seit 2010 nicht mehr. Seit 32 Jahren wartet der Club auf diesen Pokal. Wohl genau deswegen zieht Trainer Adi Hütter ein betont nüchternes Fazit: «Wir haben endlich den ersten Saisonsieg gegen Thun eingefahren. Und ja, der Vorsprung ist auch angewachsen.»

Die Young Boys lassen sich nicht aus der Reserve locken. Vielleicht hat sie das der im Anhang tief verankerte Fatalismus gelehrt. Vielleicht war es die neue, zurückhaltender kommunizierende Vereinsführung. An der Tabellenspitze gehen die Berner trotzdem unbeirrt ihren Weg, sie liefen im neuen Jahr mit drei souveränen Erfolgen kaum Gefahr, Punkte abzugeben. Dabei können sie, wie gegen Thun, dem Gegner auch mal Räume überlassen, können sich sogar schwertun, ins Spiel zu finden. Selbstvertrauen und individuelle Klasse aber führen YB früher oder später zum Sieg.

Der Unterschied zu früher

Erneut war es gestern der formstarke Franzose Guillaume Hoarau, der nach einem eigentlich flotten Thuner Beginn im Strafraum kühlen Kopf behielt. Seinem Führungstor liess Roger Assalé das 2:0 folgen. Und als Thuns Dennis Hediger Mitte der zweiten Halbzeit mit der Hacke ein Kunststück zum Anschlusstor fabrizierte, zeigten die Berner, was sie von vergangenen YB-Ausgaben unterscheidet: Vom Anspielpunkt stürmten sie direkt zum 3:1 – es war Hoaraus fünfter Treffer in den letzten drei Spielen.

«Wir sind mit einem gewissen Selbstvertrauen unterwegs», gab Hütter dann doch zu. Euphorie sei gut, Euphorie wolle man nicht bremsen, sagte er auch noch. Aber vom Verein gehe sie nicht aus. Und auch auf den Rängen scheint sie sich erst verhalten auszubreiten. «Acht Punkte, da braucht man ja nur dreimal zu verlieren», sagte ein Fan zum anderen im Bus. Dass danach beide laut loslachten, bewies aber, dass sie in Bern schon wissen, wie gut sie sind.

Umgekehrt ist dem FCB am Samstag schmerzhaft bewusst geworden, dass er im Moment überhaupt nicht gut ist. Null Punkte und null erzielte Tore, so lautet die Bilanz aus den ersten Heimspielen des Jahres gegen Lugano und St. Gallen. «Das entspricht nicht unseren Ansprüchen», stellte Trainer Raphael Wicky fest. Wie wenig, zeigt der Blick zurück. Zwei Liga-Heimspiele in Serie hatte der FCB letztmals 1997 verloren.

Noch komplizierter wird die Lage in Basel, weil niemand wirklich zu wissen scheint, was da genau in der Winterpause kaputtgegangen ist. Bislang schleppt sich der FCB ohne Elan, ohne Esprit und vor allem ohne sichtbare Leidenschaft durch die Spiele. Und von den Verantwortlichen sind Aussagen zu hören wie «Verhext, unerklärlich» (Wicky) oder «Manchmal läuft einfach nichts für dich» (CEO Jean-Paul Brigger).

Dabei scheint die Erklärung recht einfach: Von hinten bis vorne ist kein einziger Basler in Form. Schon gar nicht sind es jene Spieler, die in der Winterpause gekommen sind. Fabian Frei sah von der Bank aus dem reichlich kreativfreien Mittelfeldduo Serey Die/Xhaka zu. Valentin Stocker gelang maximal Stückwerk. Und Akanji-Ersatz Léo Lacroix war mit seinem Fehler vor dem 0:1 massgeblich an der Niederlage beteiligt.

Nein, der FCB wirkt derzeit nicht wie ein Team, das noch eine Aufholjagd startet, mit der es acht Punkte Rückstand aufholt. Das weiss auch Sportchef Marco Streller, der nach Spielschluss sichtlich bedient vor die Medien trat und erklärte: «Jetzt müssen wir die Dinge intern sehr, sehr klar ansprechen.» Natürlich, noch will Basel nicht aufgeben. «Ich gratuliere YB, wenn es dann so weit ist – das ist sicher noch nicht jetzt», sagte Streller. Aber es war keine Kampfansage. Es war eine Durchhalteparole.

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