Presseschau

Tages-Anzeiger vom 12.01.2018

Der Berner Endgegner ist zurück

Nachspielzeit

Von Florian Raz

Ein paar Tage bloss sind vergangen, seit sich die Basler Führungscrew aus ihren diversen Ferienorten zurückgemeldet hat. Doch in der kurzen Zeit hat der Serienmeister schnell mal seine Muskeln spielen lassen. Fabian Frei zurück, Valentin Stocker zurück. Das Signal vom FC Basel an die Young Boys könnte klarer nicht sein.

Vor allem Stockers Rückkehr hat mehr als eine sportliche Bedeutung. Möglich, dass er nach einem halben Jahr ohne Spielpraxis nicht sofort eine Verstärkung sein wird. Und seine Nähe zu Sportchef Marco Streller könnte gar zum Problem werden. Viel wichtiger aber: Seine Verpflichtung trifft die Nerven in Basel und Bern.

Im St.-Jakob-Park wird Stocker wohl immer der schnüsige Vali sein. Als unbekümmerter Teenager hat er die Leute im Sturm erobert – und sie danach nie mehr losgelassen. Dieser Einsatz, dieser Hundeblick, dieser unschuldige Sex-Appeal! Und natürlich: die Treffer, diese Momente, in denen er den Ball schon verloren zu haben scheint – und ihn dann doch irgendwie ins Tor stockert.

Haben Sie dagegen schon mal gehört, was die Menschen im Stade de Suisse so zu erzählen (oder zu brüllen) haben, wenn Stocker zu Besuch ist? Im Vergleich dazu wirkt die Verabschiedung von Haris Seferovic bei seiner Auswechslung gegen Nordirland wie eine Liebesbekundung des Publikums. Sagen wir, die Berner Einschätzungen zu Stocker pendeln sich im Normalfall im Raum zwischen Gürtellinie und Kniehöhe ein. Dieser Giftzwerg, dieser scheinheilige Milchbubi mit seinen fies gestreckten Beinen, der seinerseits bei der geringsten Berührung wie vom Blitz getroffen zusammensackt! Und natürlich: die Treffer, die Assists – alle immer irgendwie gegen YB gerichtet.

Nun mag die Ausdrucksweise diskutabel sein. Aber grundsätzlich beweist das Berner Publikum einen feinen Sinn für die drohende Gefahr. Stocker ist so etwas wie der Endgegner, an dem die Berner bislang immer gescheitert sind. Stocker, die YB-Nemesis, der ultimative Gegenspieler, der Erzrivale, der Todesengel aller Berner Meisterträume.

Mai 2008, erste Finalissima zwischen Basel und Bern. 38 000 Zuschauer im Joggeli. Stocker ist vor kurzem 19 geworden, als ihm in der 13. Minute der Ball im Strafraum vor die Füsse springt. Eine Drehung, ein Schuss zwischen Marco Wölflis Beinen hindurch – 1:0. Zehn Minuten später schüttelt er Hakan Yakin ab, ein Pass auf Streller – 2:0. Basel ist Meister.

Mai 2010, zweite Finalissima zwischen Bern und Basel. 31 210 Zuschauer im Wankdorf. Stocker ist längst Stammspieler, als ihm ein Ball schon weggespritzt zu sein scheint. Eine Berührung mit dem Aussenrist, der Ball fliegt über Goalie Wölfli – 0:1. 20 Minuten später flankt Stocker von links, Scott Chipperfield trifft per Kopf – 0:2. Basel ist Meister.

Wenigstens davor muss YB keine Angst haben: Die Liga hat den Spielplan bereits am Saisonstart bekannt gegeben. Bern und Basel treffen in dieser Saison nicht am letzten Spieltag aufeinander. Andererseits: Kaum ist Stocker zurück, heisst der YB-Goalie wieder... Wölfli.

Zurück