Presseschau

Schweiz am Wochenende vom 27.05.2017

Sein schönster Sieg

Siege sind Alltag beim FC Basel. Aber der 3:0-Triumph gegen Cupmythos Sion ging unter die Haut. Auch FCB-Trainer Urs Fischer: «Jeder Titel ist speziell, aber dieser ist noch einmal spezieller.»

Sébastian Lavoyer und Céline Feller

Die Gewohnheit reisst ihn aus dem Schlaf. Es ist 7 Uhr am Freitagmorgen, als Urs Fischer die Augen öffnet. Um diese Zeit ist er normalerweise in seinem Büro im Joggeli. Aber an diesem Freitag ist nichts normal. Es ist Tag 1 nach dem Basler Cupsieg, dem zwölften der Vereinsgeschichte. Fünf lange Jahre mussten sie auf diesen Pokal warten. «Eine Ewigkeit», sagt Urs Fischer. Wenigstens für Basler Verhältnisse. Denn während sich der FCB die Meisterschaft seit 2010 Jahr für Jahr krallte, scheiterte er in den letzten drei Cupfinals. Dreimal waren die Basler am Tag X nicht bereit. Und jetzt also haben sie geschafft, was zuvor noch keinem Team gelungen ist: Sie haben den FC Sion in einem Cupfinal bezwungen, den Mythos zerstört, Geschichte geschrieben.

Als sich Urs Fischer aus dem Bett hievt und aus dem Fenster seiner Zweitwohnung in Pfeffingen BL blickt, lacht ihm die Sonne entgegen. Zu seinen Füssen Basel, diese fussballverrückte Stadt. Ein erhabener Moment. Das Glück strömt ihm durch die Adern. Cupsieger 2017. Vier Wochen nachdem sich Urs Fischer mit seinem Team die Meisterschaft sicherte. Vier Wochen, in denen er alles versucht hat, um die Spannung hochzuhalten. Es gelang ihm mehr schlecht als recht. Bis zum Cupfinal gewann der FCB kein einziges Spiel mehr. Aber dann, am Tag der Entscheidung, war Basel bereit. Geladen wie ein Stier, wenn er in die Arena stürmt, so kamen die Basler im Stade de Genéve auf den Rasen. Angepeitscht von Präsident Bernhard Heusler, seiner feurigen Kabinenrede.

Es ist Urs Fischer, der von diesem Hühnerhaut-Moment erzählt, ohne dass er Details preisgeben möchte. Typisch, dass er auf so etwas hinweist. Er ist keine Einmann-Show. Vielleicht der Dirigent im Orchester, aber ohne seine Musiker wäre er nichts wert. Und ohne Komponisten genauso. Und so wird er nicht müde Dinge zu sagen wie: «Dieser Sieg ist nicht in erster Linie das Verdienst des Trainerteams, sondern des ganzen Klubs.» Immer wieder spricht er von diesem Wir – von sich, von dem, was in ihm abgeht, redet er nur, wenn man ihn spezifisch darauf anspricht. Ob er sich an das Siegen gewöhnt habe in Basel, nach seinen 66 Triumphen (siehe rechts), den zwei Meistertiteln, dem Cupsieg am Donnerstag. «An Titel gewöhnt man sich nicht. Jeder ist auf seine Weise speziell, aber dieser Cupsieg ist doch noch mal spezieller», sagt er.

«Solche Siege verändern dich»

Natürlich sind die Meistertitel für den Verein wichtiger. Sie öffnen die Schatullen, in denen die Millionen der Champions Legaue warten. Immer wieder haben Präsident Bernhard Heusler und Sportdirektor Georg Heitz darauf verwiesen. Im Sommer gehen sie. Sie wollten den Neuen, Bernhard Burgener und Marco Streller, den Verein im bestmöglichen Zustand übergeben, ihnen die Basis für einen erfolgreichen Jahresabschluss liefern. Zugleich wurde unter ihrer Ägide die Meisterschaft zur Soloshow. Achtmal in Serie gewann der FCB. Der Meistertitel ist nichts mehr, das die Emotionen hochschnellen lässt. Die FCB-Fans dürsten längst nach mehr. Sternstunden müssen es sein, Zuckerpässe, Traumtore.

Der Cup hebelt die unerbittliche Logik der Meisterschaft aus. Hier herrschen eigene Gesetze. Er verzeiht keine Ausrutscher, es gibt nur Sieg oder Niederlage. Alles muss auf den Punkt aufgehen. Wie am Donnerstag. Nach fünf langen Jahren ohne Cupsieg für den FCB. Man merkte, wie wichtig dieser Titel war, wenn man die Fans singen und schreien hörte. Knapp 8000 Basler übertönten die über 20000 Walliser. Eine rot-blaue Wand. Alle mit einem Ziel. Für Fischer ist es der letzte Höhepunkt. Auch er muss gehen. Die neue Führung baut nicht auf ihn.

Die Beine wird er trotzdem nicht hochlagern. Nach dem etwas ruhigeren Start daheim, fährt er auch am Freitag ins Büro. Alles wie immer. «Natürlich verändern dich solche Siege für einen Augenblick. Aber letztlich sind es nur Momente. Man kann sie nicht ewig festhalten, landet schnell wieder im Alltag. Und das ist auch gut so», sagt er. Und Alltag heisst für Fischer: erst GC, dann St.Gallen. Zweimal noch steht er als Trainer des FC Basel an der Linie. Der letzte Auftritt vor dem Team rückt näher. Mit Wehmut denkt er daran. Er wäre gerne geblieben. «Dieser Klub zieht dich in seinen Bann, er fängt dich ein», sagt er.

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