Presseschau

Basler Zeitung vom 27.05.2017

«Also ging ich ins Büro – so bin ich»

Urs Fischer am Tag nach dem Cup-Triumph

Von Oliver Gut

Basel. Urs Fischer bleibt Urs Fischer. Auch dann, wenn der Noch-Trainer des FC Basel gerade seine ersten Stunden als Double-Gewinner hinter sich hat. Einen Tag nach dem historischen 3:0-Cupfinal-Triumph über den bis dahin in Endspielen unbesiegten Cup-Giganten FC Sion besteigt er pünktlich um 13.15 Uhr das Podium im Medienzentrum des St.-Jakob-Park. Die Stimme mag etwas rauer sein, als sie es beim 51-jährigen Zürcher ohnehin ist. Doch von Kater keine Spur. Offiziell geht es um das zweitletzte Meisterschaftsspiel gegen den Grasshopper Club aus Zürich, das am Sonntag um 16 Uhr im Letzigrund-Stadion stattfindet. Doch da der FCB bereits als Meister feststeht, interessiert das niemanden. Also spricht Urs Fischer über?…

…?seinen Siegerschlaf:

«Ich habe die Feier nicht so spät verlassen. Es war wohl so 3 Uhr, als ich zu Hause ankam. Also in Pfeffingen, nicht in Zürich natürlich. Um 7 Uhr wurde ich ein erstes Mal wach. Ganz einfach, weil das die gewohnte Zeit ist, zu der ich aufstehe. Da wir der Mannschaft am Morgen freigaben, stellte ich zufrieden fest, dass ich noch etwas liegenbleiben kann. Als ich dann aufstand und hinaus in einen wunderschönen Morgen blickte, da verspürte ich grosse Freude. Doch schon bald spürte ich auch: Der Alltag hält mich gefangen. Also ging ich ins Büro und arbeitete – so bin ich.»

…?den Final:

«Ich sagte nach dem Sieg, ich sei mir nach der Ansprache unseres Präsidenten Bernhard Heusler fast sicher gewesen, dass wir gewinnen. Das war etwas übertrieben. Aber ich spürte die Wirkung. Es geht um das, was ich in den Augen der Spieler sah. So etwas habe ich noch nie gesehen. Die ersten Minuten der Partie bestätigten mein Gefühl: Jeder war voll da. Und Luca Zuffi grätschte zweimal rein. Ich fragte ihn danach, was mit ihm los gewesen sei – das hätte ich ja noch nie von ihm gesehen. Er meinte dann nur, er sei ausgerutscht. Aber dem war natürlich nicht so. Wir kontrollierten die Partie jederzeit. Und im Grunde kam mir unser 1:0 fast zu früh. Und auch das 2:0. Doch da wir nicht nachliessen, spürte ich, dass es gut kommt. Es war auch der Grund, warum ich erst spät Wechsel vornahm: Es funktionierte alles – so etwas sollte man nicht unnötig verändern.»

…?die Fahrt im Car:

«Ich möchte nicht wissen, wie die drei Stunden Rückfahrt gewesen wären, hätten wir die Partie verloren. So aber hätte sie auch ruhig noch eine Stunde länger dauern können. Davide Callà machte den Animateur, sorgte für die Musik. Und es liefen auch The Temptations, Papa Was A Rolling Stone – es ist wohl der Song, der mir über all die Jahre der liebste geblieben ist. Dazu noch einige Après-Ski-Hits. Es wurde gefeiert, gejohlt und gesungen – auch wenn unsere Afrikaner vielleicht etwas weniger mitsingen konnten als andere im Bus.»

…?die persönliche Bedeutung:

«Ich bin einfach allen dankbar. Und ich bin stolz, einen Teil zu diesem Double beigetragen zu haben. Aber es war nicht der Trainer oder ein Spieler – nein, der ganze Club, nicht zuletzt auch die Führung um Präsident Bernhard Heusler und Sportdirektor Georg Heitz, hat dafür gesorgt, dass wir auf den Punkt bereit waren, obwohl wir schon seit vier Wochen kein Spiel mehr hatten, das richtig wichtig war. Und ich sage es so: Dieser Cupfinal-Tag wird mir als Ganzes in spezieller Erinnerung bleiben. Da gibt es unheimlich viele starke Bilder.»

…?das gewonnene, grosse Spiel:

«Ich weiss ja, dass es hier und da mal hiess, wenns in einzelnen Spielen darauf ankomme, dann reüssiere meine Mannschaft nicht. Ich weiss auch, dass die Maccabi- oder die Ludogorez-Spiele mir ein bisschen zum Verhängnis wurden. Ich kann das leider nicht mehr ändern. Und ich habe auf diese Kritik auch einmal etwas heftig reagiert. Aber ich sehe so was nun einmal etwas anders als die Medien. Da funktioniert ein Trainer weniger schwarz und weiss, vielmehr grau. Aber genau so wenig führe ich jetzt diesen gewonnenen Cupfinal als Gegenargument ins Feld, wenn es darum geht, grosse Spiele zu gewinnen. Sicher ist: Es war ein grosses Spiel.»

…?die GC-Partie:

«Ich bin einfach nicht der Typ, der es nun schleifen lässt. Das passt auch nicht zum FCB. Da soll mir jetzt ja keiner kommen und sich fürs Training abmelden. Wir bereiten die Begegnung mit dem nötigen Respekt normal vor. So wie auch die letzte Partie gegen St.?Gallen. Und es ist auch vorgesehen, dass wir bereits am Samstag ein Hotel beziehen. Es kann gut sein, dass ich damit den einen oder anderen verärgere. Wir werden es sehen. Bislang ist es jedenfalls so vorgesehen?…»

…?Abschiedstränen:

«Ich bin eher der Typ, der heimlich weint. Wir werden es sehen. Sicher ist: Ich wäre gerne weiterhin FCB-Trainer. Und ich werde noch emotionale Momente erleben. Etwa die letzte Ansprache an die Mannschaft vor dem Spiel gegen St.?Gallen.»

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