Presseschau

Tages-Anzeiger vom 20.03.2017

Alte Probleme, neue Probleme

GC verliert das erste Spiel unter Bernegger in Basel mit 0:1 und liegt noch einen Punkt vor dem Abstiegsplatz.

Florian Raz Basel

Er hat nicht gleich alles auf den Kopf gestellt. Aber ein paar Zeichen hat Carlos Bernegger schon gesetzt in seinem ersten Spiel als neuer Trainer der Grasshoppers. Von aussen wirkt es wie ein Hochseilakt, was er gegen den FC Basel versucht. Hier die Suche nach frischen Reizen, die seine Spieler wachrütteln. Dort die Angst, einem verunsicherten Team noch das letzte bisschen Stabilität zu rauben.

Für die Frische steht Arijan Qollaku, 20-jährig und bislang ohne Einsatz in der Super League. Ihn wirft Bernegger gegen Basel ins kalte Wasser, was wie eine PR-Aktion in eigener Trainersache wirken könnte. War nicht Vorgänger Pierluigi Tami vorgeworfen worden, er setze zu wenig auf den eigenen Nachwuchs? Doch der Rechtsverteidiger macht seine Sache so gut, dass man Bernegger abnimmt, wenn er erklärt, Qollaku habe sich seinen Platz im Team verdient: «Er ist ein hochinteressanter Spieler, der im Training seine Leistung gezeigt hat.» So ist Qollakus Einsatz Berneggers Zeichen, dass er aus GC eine Meritokratie machen will, in der sich Trainingsfleiss lohnt.

Die rechte Seite ist eine von Berneggers Ideen, die aufgehen. Mit Qollaku hinten schiebt er den etatmässigen Verteidiger Numa Lavanchy eine Reihe nach vorne. Das ergibt ein defensiv solides Duo. Und Lavanchy taucht vor der Pause sogar gefährlich vor dem Basler Tor auf.

Links die FCB-Vergnügungszone

Anderes dagegen geht nicht auf. Bernegger lässt eine Art 4-4-2 spielen, mit Caio im linken Mittelfeld. Dort bleibt der Brasilianer nicht nur praktisch ohne Wirkung, er überlässt auch jegliche defensive Arbeit zu getreuen Füssen von Hintermann Nemanja Antonov. Das lässt die linke GC-Seite vor der Pause zur FCB-Vergnügungszone werden. Steffen, Lang, Zuffi, Elyounoussi, Sporar – kaum ein Basler, der nicht über diese Seite zu seiner hochkarätigen Chance kommt.

Auch beim einzigen Treffer der Partie wird der letzte Pass aus jener Zone gespielt. Wobei es vor Luca Zuffis 1:0 in der 6. Minute der beängstigend zweikampfschwache Offensivmann Lucas Andersen ist, der den Ball auf Höhe der Mittellinie an Zuffi verliert. Danach rollt der Basler Angriff an widerstandslosen Zürchern vorbei bis ins Tor.

Sowieso sind die ersten 45 Minuten Beweis dafür, dass mit einem neuen Trainer nicht einfach alle alten Probleme verschwinden. Unter Tami haben die Grasshoppers in diesem Jahr immer wieder eine erste Halbzeit in den Sand gesetzt. Und auch unter Bernegger wirkt GC erst nach dem Seitenwechsel wie ein Team, das an sich glaubt. Jetzt kommt Munas Dabbur zu zwei grossen Chancen, jetzt kann GC sogar auf einen Punkt hoffen, weil sich die Spieler nicht mehr ängstlich vor dem Ball verstecken.

Dazwischen liegt eine Pause, in der der Trainer «sehr laut geworden ist», wie Stürmer Nicolas Hunziker später berichtet. Auch nach dem Spiel dürften dem einen oder anderen GC-Spieler die Ohren klingeln. Denn zeigt sich Bernegger an der Seitenlinie auch beherrscht, so dröhnen seine Worte nach dem Schlusspfiff durch die geschlossene Garderobentür bis weit in die Katakomben des St.-Jakob-Parks.

Dabbur fehlt gegen Lausanne

Es gehe ihm darum, das «richtige Team zu formieren – auf und neben dem Platz», sagt Bernegger nach dem 0:1. Und er gibt zu: «Der Kampf gegen den Abstieg macht das doppelt schwer.» Dort, im Abstiegskampf, ist GC durch den Lausanner Sieg in Vaduz endgültig angekommen. Noch einen Punkt liegen die Zürcher vor dem letzten Platz, als Nächstes steht die Reise zum direkten Konkurrenten Lausanne an.

Dass dort Patrick Olsen nach einer Roten Karte für ein grobes Foul fehlt, kann Bernegger verschmerzen. Schwerer wiegt, dass sich Dabbur mit einer Unbeherrschtheit eine Gelbsperre einhandelt. «Ich werde die richtige Lösung finden», sagt Bernegger zum Fehlen seines Hoffnungsträgers im Sturm. Zwei Wochen bleiben ihm dank der Nationalmannschaftspause. Zeit, die Carlos Bernegger und GC gut gebrauchen können.

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