Presseschau

NZZ vom 20.02.2017

Das Ende der Ära Heusler und Heitz

Der FC Basel plant den Führungswechsel – eine «Basler Lösung» mit Marco Streller soll die Zukunft sein

Samuel Burgener, Basel

Selten genug wird der FC Basel überholt von Meldungen über den FC Basel. Meistens geniesst die Klubführung die Hoheit darüber, wichtige Neuigkeiten zu kommunizieren, wann sie es für richtig hält. Doch am Sonntagmorgen «platzte eine Bombe», wie die Lokalmedien schrieben, oder «raste ein Tsunami vorbei», wie der Präsident Bernhard Heusler später sagen sollte.

Jedenfalls drang eine Meldung an die Öffentlichkeit, die noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, und die für die Verhältnisse im Schweizer Fussball eine bemerkenswerte Intensität hatte. Verschiedene Medien berichteten von einem geplanten Wechsel in der Klubführung des FC Basel. Der Präsident Heusler und der Sportchef Georg Heitz würden den Klub an ein neues Management übergeben wollen. Gegen Sonntagmittag bestätigte der Klub die Pläne zum Wechsel via Communiqué. Und vor dem Match gegen Lausanne-Sport bestätigte Heusler die Namen der möglichen neuen Verantwortlichen.

Der Basler Filmproduzent und Medienmanager Bernhard Burgener (siehe unten) soll Präsident werden, der Basler Volksheld und ehemalige Stürmer Marco Streller Sportchef. Es ist eine Basler Idee, die von der alten Führung forciert wurde, ja «provoziert», wie Heusler sagte. Lokalkolorit ist wichtig in Basel, wo der FCB eine Institution ist. Heusler sagte: «Mit Burgener und Streller haben wir ein Team, hinter dem wir als derzeitige Klubleitung stehen können.»

Ein Gremium als Instanz

Heusler und Heitz hatten sich seit längerer Zeit Gedanken gemacht, wie ihre Zukunft und die des FCB aussehen soll. Sie hatten in Interviews mehrfach angedeutet, dass ein Führungswechsel in absehbarer Zeit passieren könnte. An der Generalversammlung im Juni hatten sie die Mitglieder dahingehend informiert, dass sie realistische Ideen für einen Führungswechsel von einem Gremium aus Vereinsvertretern, Fans, Mitarbeitern, Sponsoren und Verantwortlichen des Nachwuchsbereichs überprüfen lassen würden. Und dass dieses Gremium die Idee daraufhin der Generalversammlung vorschlagen würde. So soll es jetzt passieren.

Anfang November drängten Heusler und Heitz auf eine Basler Lösung; sie gingen verschiedene Personen an. Im Winter zeichnete sich die Konstellation Burgener/Streller ab. Heusler und Heitz wären nicht dazu verpflichtet, der Generalversammlung ein Konzept vorzuschlagen; die Mitglieder halten zusammen nur 25 Prozent der Aktien der Holding. Aber es geht im FCB gerade um die Zukunft, also um viel. Da soll eine Entscheidung abgestützt sein und gewissen Kontrollmechanismen unterzogen werden, obschon diese juristisch nicht von Belang sind. Und natürlich geht es den Menschenfängern Heusler und Heitz auch darum, den Mitgliedern das Gefühl zu vermitteln, wichtig zu sein.

Falls das Gremium das Konzept mit Burgener und Streller im März gutheisst, folgt bis Mitte April eine ausserordentliche GV. Heusler geht davon aus, dass die Idee die Instanzen durchschreitet. Danach könnten die alte und die neue Führung gemeinsam die kommende Saison planen – und etwa entscheiden, ob Urs Fischer Trainer bleibt. An der ordentlichen GV im Juni würde der Führungswechsel juristisch und operativ vollzogen. «Es wäre ein Luxus, den Wechsel in einer Übergangsphase zu machen», sagte Heusler.

Als Heusler nach dem Lausanne-Spiel zu den Medien sprach, schwang Wehmut mit. Es ist ja alles etwas sonderbar, der Anfang vom Ende einer grossen Zeit: 2009 übernahm Heusler die operative Führung des Klubs. Seither gewann der FCB immer den Meistertitel, erreichte den Halbfinal der Europa League und zweimal den Achtelfinal der Champions League. Er wurde zum Schweizer Primus und Vorzeigeprodukt, das in Europa viel Anerkennung erlangte. Heitz und Heusler, beide hervorragende Rhetoriker und Taktiker, waren die Köpfe des FCB. Sie fällten viele richtige Entscheide, und waren die Entscheide einmal falsch, hatten Heusler und Heitz den Mut, sie zu korrigieren.

Als Initialmoment der Ära um Heusler gilt der 13. Mai 2006. Der FCB verlor die Meisterschaft in der letzten Minute an den FC Zürich, im Anschluss randalierten Basler Fans wie kaum je zuvor. Der FCB nutzte den Moment zur Selbstanalyse und überdachte Ansprüche und Selbstverständnis. Der FCB sollte mehr sein als die Erfolgsmaschine, die er unter dem Trainer Christian Gross geworden war. Er sollte unabhängig werden von Trainern, Spielern und ja: einzelnen Personen in der Führung.

Finanziell gut aufgestellt

2012 übernahm Heusler auch das Präsidentenamt und das Aktienpaket von der Mäzenin Gigi Oeri. Seither gab es im Verwaltungsrat kaum Wechsel. Der Klub hat den Umsatz seit 2008 mehr als verdoppelt. 2014 knackte er die Grenze von 100 Millionen Franken. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz 130 Millionen Franken und der Gewinn 30 Millionen. Der FCB hat in den letzten sieben Jahren profitabel gewirtschaftet und hat Reserven angehäuft von rund 50 Millionen Franken. Dank Prämien aus der Champions League und Erlösen aus Transfers ist er unabhängig von privater Finanzierung. Jüngst hat der Hauptsponsor Novartis den Vertrag bis ins Jahr 2021 verlängert.

Heusler sagte am Sonntag, es gehe auch darum, neue Reize zu setzen. Gerade darin war die aktuelle Klubführung meisterhaft in den vergangenen Jahren. Nun passiert der Wechsel in einer Phase, in der der FCB aufgrund der Überlegenheit in der Meisterschaft und dem ausbleibenden Erfolg in Europa an Erlebniswert verloren hat. Die Zuschauerzahlen sinken, und allgemein ist weniger Halligalli in Basel. Der FCB scheint in Routine gefangen, doch er muss unterhalten und ein Publikum bedienen, das verwöhnt wurde in den vergangenen Jahren. Dessen sind sich Heusler und Heitz bewusst. Heusler sagte: «Manchmal reichte es, einen neuen Trainer oder einen neuen Spieler zu verpflichten. Jetzt sind wir zu der Einsicht gekommen, dass es mehr braucht, um eine gute Zukunft zu haben.»

Heusler wird für die 44,2 Prozent seiner Aktien an der FCB Holding eine siebenstellige Summe kassieren. Heitz besitzt 25 Prozent. Dass Aktien eines Schweizer Fussballklubs Geld einbringen, ist bemerkenswert und zeigt auf, wie stabil der FC Basel in einem hochtrabenden Geschäft aufgestellt ist. Neben Heusler und Heitz verlässt der gesamte Verwaltungsrat den Klub.

Der Weggang von Heusler und Heitz kommt scheinbar zum perfekten Zeitpunkt. In Wahrheit haben sie lange das Risiko getragen, den perfekten Zeitpunkt zu verpassen. Die neue Führung wird sich den ganz grossen Fragen stellen müssen. Es geht um die Ausrichtung des Klubs, um die Zukunft. Also um viel.

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