Presseschau

NZZ vom 21.10.2016

Erweckung der Zuversicht

Der FC Basel gewinnt in Paris mehr, als er verliert – er glaubt wieder an die eigene Stärke

bsn. Paris · Es entspricht einer Urfrage des Fussballs, simpel und komplex zugleich. Was zuerst war, ob Huhn oder Ei, lässt sich ähnlich leicht beantworten. Was also war am Mittwoch zuerst, Huhn oder Ei, die Schwäche von Paris Saint-Germain oder die Stärke des FC Basel?

Den Einheimischen mochte die Antwort einerlei sein, sie hatten 3:0 gewonnen und das Basler Huhn gerupft – aber so punkte- und federlos es auch war, es ging aufrecht aus dem Pariser Parc des Princes und redete sich und seine Leistung stark. «Heute war Fussball nicht gerecht», sagte der FCB-Trainer Urs Fischer. Seine Mannschaft hatte zweimal den Pfosten und einmal die Latte getroffen. Die Spieler hätten vieles richtig gemacht, die Passlinien zugestellt und Mut gezeigt, sagte Fischer. Das Fazit: Hätte dieser gestrenge König Fussball Gerechtigkeit walten lassen, wäre die Basler Rehabilitierung für das 0:2 gegen Arsenal noch eindrücklicher gelungen, nicht nur optisch, mit Pfosten, Mut und Latte, sondern auch im Ergebnis – nicht dank Pariser Schwächen, sondern aus eigener Stärke.

Die Mentalität aller

Michael Lang wählte eine ähnliche Argumentationslinie. Gegen Arsenal hatte der FCB vor drei Wochen in einem anderen System gespielt, mit fünf Verteidigern, was theoretisch nicht falsch gewesen sein musste angesichts der prognostizierten omnipräsenten Angriffslust Arsenals. «In London wäre das System ebenfalls aufgegangen, wenn wir so gut gespielt hätten», sagte Lang – in Paris sei nicht das System entscheidend gewesen für eine bessere Leistung, «es war die Mentalität der Spieler, des gesamten Staff». Man habe es nun schon «hundertmal» gehört, sagte der Aussenverteidiger, aber in London seien die Basler zu wenig entschlossen gewesen, sie hätten zu viel Respekt gehabt, «fast ein wenig Angst».

Lang strich also die Fortschritte hervor, was nachvollziehbar war, weil es den Baslern das Gute im Schlechten zeigte. Aber diese Haltung wirkte auch selbstbewusst, denn im Kern enthielt sie die Botschaft, dass der FCB gegen Teams dieses Kalibers zu bestehen vermöge, wenn er diszipliniert und konzentriert genug spiele, ohne Angst, die Augen offen, die Passwege geschlossen.

Diese Ansicht schloss gleichsam aus, dass zuerst die Pariser Schwäche gewesen sein könnte und erst danach die Basler Stärke; dass die Pariser vielleicht gar zurückhaltend gewesen waren, dass sie nicht alles unternahmen, um den Basler Mut zu knicken – Huhn oder Ei? Für Lang war's klar. Er sagte: «Unser Auftritt war entscheidend, dass der Gegner nicht gleich gut ins Spiel kam wie in London.» Vielleicht war's die Wiederfindung des Selbstverständnisses, dass dem FCB kaum ein Coup zu gross sein muss. Es hatte zuletzt etwas verschüttet gewirkt, die französische Zeitung «L'Equipe» schrieb vor dem Paris-Spiel, der FCB scheine nicht mehr so ausgestattet, dass er «Europa erstaunen» könnte.

Stets aufs Neue

Im vergangenen Jahr hatte der FCB die Champions League verpasst; von den 14 in Paris eingesetzten Spielern waren vor dieser Saison nur 6 schon einmal mit dem FCB in der Königsklasse zum Einsatz gekommen. Womöglich will diese Selbstüberzeugung von ehrenwerter europäischer Stärke stets aufs Neue erobert werden, sie lässt sich nicht einfach von Generation zu Generation überliefern, jede Mannschaft muss ihre eigenen Erfahrungen machen, jeder Trainer ebenso. So gesehen hat der FCB in Paris ein besonderes Ziel erreicht. Er hat neugierig gemacht fürs Heimspiel gegen Paris Saint-Germain in zwei Wochen – man will nicht wissen, was zuerst war, ob Huhn oder Ei, sondern: ob der FCB wirklich so gut ist.

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