Presseschau

SonntagsZeitung vom 08.11.2015

Die Fehler der anderen

Der FC Basel dominiert die Liga so deutlich wie nie ein Team zu diesem Zeitpunkt in den letzten zehn Jahren. Geld erklärt den Basler Vorsprung nur teilweise – die Konkurrenz trägt Mitschuld an der Lage

Florian Raz

Basel/Zürich Irgendetwas ist schiefgelaufen. Aber was bloss? Vor dem Start der ­Super League waren sich die Experten einig, dass der FC Basel so angreifbar sein würde wie lange nicht mehr. Der Rücktritt des Captains Streller, der Trainerwechsel, die gewichtigen Abgänge: Auch die «SonntagsZeitung» liess sich von diesen Vorzeichen leiten – und setzte auf den BSC Young Boys als kommenden Meister.

Und jetzt das: Da treffen sich heute Sonntag in Basel der Leader und der Zweite der Liga. Trotzdem käme niemand ernsthaft auf die Idee, die Begegnung zwischen dem FCB und den Grasshoppers als Spitzenspiel zu verkaufen. 13 Punkte Abstand sprechen eine zu deutliche Sprache. Der FC Basel ist seiner Konkurrenz vier Runden vor der Winterpause so weit enteilt, dass auch eine Basler Niederlage die Spannung nicht zurückbringen könnte. Nie hatte ein Team seit Einführung der Super League 2003 zu diesem Zeitpunkt der Meisterschaft einen so grossen Vorsprung.

Natürlich kann man es sich leicht machen und die finanziellen Möglichkeiten der Basler als Entschuldigung für die rotblaue Dominanz anführen. Aber das wäre zu einfach. Geld alleine reicht nicht. Es muss auch clever eingesetzt werden. Und für 13 und mehr Punkte Vorsprung in der Tabelle braucht es zudem die Fehler der anderen.

Macht Basel die Hausaufgaben, bleibt den Gegnern das Risiko

Das grösste Problem der Basler Konkurrenz ist derzeit, dass der FCB selbst seine Hausaufgaben gewissenhaft erledigt. Er nutzt den Vorteil seines finanziellen Vorsprungs, um Risiken zu minimieren. Als Beweis darf die vergangene Transferperiode gelten. Auf die Gefahr, die ein grosser Umbruch im Kader mit sich bringt, reagierten die Verantwortlichen konsequent: Verpflichtet wurden vor allem Spieler, die bereits Aufgebote für ihre Nationalmannschaft vorzuweisen hatten. Die Idee dahinter: Auswahlspieler haben bereits eine Selektion hinter sich, die ­Gefahr eines Fehlgriffs wird klein gehalten. Zudem besteht die erhöhte Chance, dass die Spieler der Mannschaft durch ihre Erfahrung gleich zu Saisonbeginn helfen können. Tatsächlich startete der FCB mit acht Siegen in Serie.

Während Basel so seine Qualität hält, müssen die Gegner Risiken eingehen, um den Rückstand zu verkürzen. Das kann teilweise aufgehen, wie bei GC. Die Zürcher fokussieren ihre Lohnsumme auf eine kleine Gruppe an Stamm­spielern, die gehobenes Niveau aufweisen. Mit Erfolg: Auch dank des gut verdienenden Källström sind die Grasshoppers die Besten vom Rest. Allerdings reicht ein so enger Kreis von Leistungsträgern kaum, um eine ganze Saison lang konstant erfolgreich zu spielen. Ganz zu schweigen davon, was geschehen sollte, würde Källström ausfallen.

YB und FCZ haben den Titel Ende letzter Saison verloren

Die im Sommer als Transfersieger gefeierten Young Boys können sich zwar ein breiteres Kader leisten als GC. Doch sie setzten auf Spieler, denen sie zwar grosses Potenzial attestierten. Von denen sie aber auch wissen mussten, dass sie Anlaufzeit benötigen: Benito und Sulejmani kamen als Ersatzleute aus Lissabon, Zakaria aus Genf als junger Perspektivspieler. Die Folge: Nach sieben Runden hatte YB schon zwölf Punkte Rückstand auf Basel.

Eigentlich aber hat YB die Meisterschaft bereits Ende der letzten Spielzeit verloren. Genau wie der kriselnde FC Zürich. Beide Clubs glaubten, die Probleme mit ihren damaligen Trainern in den Griff zu bekommen. Beiden fehlte der Mut, bereits im Sommer einen Neustart zu wagen und wechselten die Coaches nach missratenem Saisonstart dann doch noch. Und verloren so eine ganze Sommervorbereitung.

Wer den FCB aber ernsthaft herausfordern will, kann sich solche Fehler nicht leisten. Sonst kommt es so heraus, wie sich die Tabelle der Super League derzeit liest: Oben drehen die Basler ­einsam ihre Runden. Und hinter ihnen ist Rang zwei und ein Platz in der Qualifikation zur Champions League bereits das höchste der Gefühle.

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